Ein neues Selbstwertgefühl

Betriebliches Gesundheitsmanagement bei WeserGold verbessert Arbeitsqualität

von Elfi Braun

Foto: Besprechung

Kann Arbeit Krankheit verhindern und gar Gesundheit fördern und gibt es einen Zusammenhang zwischen gesunden betrieblichen Abläufen und Strukturen und gesunden Beschäftigten? Bei WeserGold im niedersächsischen Rinteln ist man davon überzeugt,seitdem Geschäftsleitung, Führungskräfte, Betriebsrat und Mitarbeiter die betriebliche Gesundheitsförderung zurgemeinsamen Sache gemacht haben. AOK und BGN haben sie bei diesem Projekt unterstützt.

Endlich einmal ein Gesundheitsprojekt, das etwas gebracht hat. «Richard Hartinger jun., Inhaber und Geschäftsführer des Familienunternehmens WeserGold, erklärt: »Wir haben uns an dem Projekt vor allem beteiligt, weil wir die Chance sahen, kostenlos professionelle Unterstützung zu bekommen, die wir sonst nicht bekommen hätten.« Angefangen hatte alles im Jahr1997. Die AOK Niedersachsen wandte sich an größere Unternehmen in der Region,sich an einem Modellprojekt der WHO zur Gesundheitsförderung in der Arbeitswelt zu beteiligen. Das als so genanntes Bonus-Projekt ausgewiesene Programm versprach den beteiligten Unternehmen bei erfolgreicher Arbeit die Rückerstattung eines Krankenkassen-Monatsbeitrags für all ihre AOK-Versicherten. Neben der AOK sicherte auch die BGN im Rahmen ihres Programms »Sicherheit, Gesundheit, Qualität« dem Unternehmen ihre Unterstützung zu.


60% weniger Unfälle, 33 % weniger Krankheitsfälle

Inzwischen sind 5 Jahre vergangen und bei WeserGold hat sich viel getan: Die Unfälle sind um 60 % zurückgegangen. Der Krankenstand wurde um ein Drittel von 6%auf 4% gesenkt. Richard Hartinger jun. ist mit diesen Ergebnissen sehr zufrieden: Das Unternehmen spart jährlich viel Geld, weil die unfall- und krankheitsbedingten Ausfälle der Mitarbeiter stark zurückgegangen sind. Außerdem hat WeserGold aufgrund der zahlreichen Maßnahmen im Arbeits-und Gesundheitsschutz jedes Jahr die Anforderungen erfüllt, um die AOK-Prämie zu bekommen. Das sind allein für WeserGold
rund 125.000 DM pro Jahr. Und auch die Mitarbeiter profitieren davon durch einen niedrigeren Krankenkassenbeitrag.

Richard Hartinger jun.ist heute froh, in das Projekt eingewilligt zu haben: »Ob wir den Bonus bekommen oder nicht, ist nicht so wichtig. Wichtig ist, dass wir hier was verändert haben und weiter verändern. Unsere Mitarbeiter haben heute ein anderes Selbstwertgefühl bei der Arbeit. Sie sind zufriedener, sie nehmen ihre Arbeit ernster. Und sie machen sie besser, weil sie sie besser machen können.« Was hat sich verändert bei WeserGold?

Karl-Heinz Hoffmeister, Leiter des Personalwesens und Leiter des betrieblichen Gesundheitsförderungsprojektes bei WeserGold, erklärt: »Die entscheidendste Veränderung war, dass wir die interne Kommunikation verbessert haben. Denn hier gab es viele Defizite, die wiederum viele Probleme nach sich zogen. Wir sind darauf gestoßen, als wir mit Hilfe der AOK und der BGN unseren Krankenstand analysiert haben. Wo ist er am höchsten und woran liegt das? Wir haben die Mitarbeiter nach den Gründen befragt. Das Ergebnis: Die Mitarbeiter der verschiedenen Produktionsbereiche, der einzelnen Schichten und auch der verschiedenen Abteilungen tauschten sich zu wenig oder gar nicht aus. Dadurch kam es immer wieder vor, dass die Arbeitsabläufe nicht so ineinander griffen, wie sie es eigentlich tun sollten. Und das führte bei den Mitarbeitern zu Stress, Unzufriedenheit und Krankheit.«


Kommunikation als operativer Bestandteil der Firmenpolitik

Zur Verbesserung der internen Kommunikation und Information erarbeitete ein Steuerkreis aus betrieblichen Führungskräften und Vertretern der AOK und BGN ein Konzept, das die Beteiligung aller Betroffenen . also Geschäftsleitung, Führungskräfte, Betriebsrat und Mitarbeiter. vorsah.

Und das funktioniert dauerhaft und nachhaltig nur dann, wenn Kommunikation zum integralen und operativen Bestandteil der Firmenpolitik wird, wenn kommunikative Prozesse bewusst gesteuert werden, wenn Kommunikation in alle Richtungen funktioniert und wenn ihre Ergebnisse öffentlich gemacht werden.

Durch Schulung der Führungskräfte gelang es, bei WeserGold die Bereitschaft zu schaffen, Organisationsstrukturen und Führungsverhalten kritisch zu hinterfragen und zu verändern. Die Vorgesetzten lernten, die kreativen und produktiven Kräfte der Mitarbeiter zu fördern, indem sie z.B.mehr Transparenz in betriebliche Abläufe brachten und die Mitarbeiter an betrieblichen Verbesserungsprozessen beteiligten.

Karl-Heinz Hoffmeister: »Überall dort, wo kommunikative Probleme die Arbeitsabläufe störten, haben wir die davon betroffenen Mitarbeiter eingeladen, das Problem gemeinsam zu lösen. Hier mussten sie zusammenarbeiten und problemorientiert miteinander kommunizieren.«

Der Bereich Logistik wies den höchsten Krankenstand auf und er war ein klassisches Beispiel für nicht funktionierende Kommunikation. Konkret lag es hier an der mangelnden Abstimmung zwischen Verkauf und Auslieferung. Wenn die Auslieferungsfahrer am frühen Nachmittag ihre Fahrzeuge beladen hatten, schob ihnen die Verkaufsabteilung weitere Aufträge zu und
sie mussten nochmal alles umschmeißen. Auf diese Situation reagierten sie mit Unzufriedenheit und Stress.Heute gibt es zwischen beiden Abteilungen klare Vereinbarungen und Regelungen, bis wann der Verkauf Auslieferungen am selben Tag noch annimmt und weitergibt.

Hoffmeister:»Wichtig ist, dass die Probleme auf den Tisch kommen und man darüber redet. Und dann sind es oft nur Kleinigkeiten, die verändert werden müssen, wie das Beispiel Logistik zeigt. Ein großes Stück Arbeit aber war, die Mitarbeiter in diese Prozesse einzubinden. Auf der einen Seite gab es die Angst vor Veränderungen. Man konnte nicht einschätzen, was da auf einen zukommt. Auf der anderen Seite gab es die Skepsis, ob denn die Vorschläge zur Lösung von Problemen, die die Mitarbeiter machten, auch wirklich umgesetzt würden.«

 

Eine wichtige Voraussetzung: die Glaubwürdigkeit

Dass die Umsetzung funktioniert, haben die Mitarbeiter von WeserGold in den letzten 5 Jahren an vie
len Beispielen erfahren können.

Eine der tragenden Säulen des Gesundheitsmanagements ist die so genannte Zirkelarbeit. D.h., Mitarbeiter verschiedener Abteilungen oder Produktionsbereiche haben sich zu Gesundheitszirkeln zusammen-geschlossen, um betriebliche Problemfelder zu analysieren und

Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten. Das Ganze geschieht unter der Leitung eines von der BGN geschulten Moderators.

Foto: Schulung


Die im Gesundheitszirkel erarbeiteten Ergebnisse werden der Abteilungsleitung bzw.Geschäftsleitung mitgeteilt und diese organisiert die Umsetzung. Diese findet mal schneller, mal langsamer statt, je nachdem, wie aufwendig die Maßnahmen sind. Sobald die Umsetzung erfolgt ist, wird das rückgemeldet. Und wenn es länger dauert, wird das mitgeteilt und begründet. Das ist für die Mitarbeiter eine ganz wichtige Erfahrung, die sie motiviert, am Ball zu bleiben.

Dass sie das tun, zeigen die insgesamt 30 Teilprojekte, die bei WeserGold im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements laufen und in die sie eingebundensind. Das Spektrum der Lösungsvorschläge, die sie erarbeiten, ist breit. Mal sind es Ausstattungsverbesserungen, mal geänderte Arbeitsabläufe oder gezielte Information und Qualifikation von Mitarbeitern. All das führt dazu, dass bei WeserGold seitdem eine bessere Stimmung herrscht, die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen viel stärker geworden ist und vieles besser läuft.

So haben z.B. die Lkw-Fahrer in dem Seminar »Wirtschaftlich fahren« gelernt, wie sie durch eine veränderte Fahrweise weniger Stress haben und zudem auch noch 5 Prozent weniger Kraftstoff verbrauchen. Jeder Mitarbeiter kann sich heute aus einer Auswahl von Arbeitsstühlen den heraussuchen, mit dem er am besten zurechtkommt. Belastungen der Wirbelsäule und Rückenmuskulatur versucht man auch mit einer Rückenschule entgegenzuwirken. Das Neueste in diesem Bereich ist das firmeneigene Fitnessstudio, das den Mitarbeitern nach der Arbeit zur Verfügung steht und wo sie von einem Diplom-Sportlehrer betreut werden.

Richard Hartinger jun.: »Seitdem wir uns mehr mit dem Menschen befassen, lebt auch der Betrieb viel mehr und auch unsere Außenwirkung, unser Image ist besser geworden.« BGN und AOK , die Initiatoren und Berater des betrieblichen Gesundheitsmanagements bei WeserGold, haben sich inzwischen immer mehr zurückgezogen. Hartinger: »Mittlerweile dreht sich das Ganze von alleine. Wir wissen aber auch, dass wir sowohl die BGN als auch die AOK jederzeit um Unterstützung bitten können, wenn wir ihre fachliche Hilfe brauchen.«





 

Autor: Braun