von Dr. Jens Graulich | aus Akzente 11
Die Unfälle an den Milchsammelfahrzeugen ereigneten sich beim Abtanken der Milch in der Molkerei oder bei der Reinigung und Desinfektion der Milchsammelwagen. Sicherheitsfachkraft heino rabe und Werkleiter heiner gehrke gingen den Ursachen dieser Unfälle auf den Grund. Dabei stellte sich heraus: Hauptunfallursache waren jedes Mal die Auftritte an den Fahrzeugen, über die die Domdeckel der Sammelfahrzeuge erreicht werden. Hier also musste man ansetzen, um die Sicherheit beim Aufstieg und Begehen der Tanks zu verbessern. Dazu führten sie eine Gefährdungsbeurteilung durch, bei der sie die Bedingungen ermittelten und bewerteten.
Die Annäherung an das Sicherheitsproblem
Milchsammelfahrzeuge sind üblicherweise seitlich unterhalb des Tanks mit Kästen für Pumpe, Probenahme und
Tankanschlüsse versehen. Auf diesen Kästen sind etwa in 1,90 m Höhe Laufstege als Wartungsgänge montiert, die mit
Gitterrosten ausgelegt sind. Auf diese Laufstege gelangt man auf der Rückseite des Fahrzeugs über eine sehr schmale
Steigleiter. Sehr schmal sind auch die Wartungsgänge, so dass noch nicht einmal ein kompletter Fuß darauf passt. Die
einzige Sicherheitseinrichtung an den Laufstegen in dieser luftigen Höhe ist eine auf dem Tank angebrachte
Haltestange.
Schaut man in die Unfallverhütungsvorschrift »Fahrzeuge« (bgv d29), stellt man fest, dass diese als Wartungsgänge genutzten Laufstege nur für gelegentliche Wartungsarbeiten vorgesehen sind. Keinesfalls sind sie vorgesehen und auch entsprechend zugelassen für das arbeitstägliche, unter Umständen mehrfache Aufsteigen, um die Domdeckel zu öffnen, zu kontrollieren und zu reinigen. Genau diese Arbeiten jedoch gibt der Hygieneplan für Milchsammelwagen vor.
Eine elegante und sichere Lösung
Heiko Ziesenis, Leiter der Kraftfahrzeugwerkstatt, und Sicherheitsfachkraft heino rabe stellten Überlegungen an, mit
welchen nicht störenden technischen Maßnahmen sie die Sicherheit beim Aufstieg, Begehen und Aufenthalt auf dem Tank
der Milchsammelwagen deutlich erhöhen könnten. Ziel war es, einen sicheren Aufstieg auf die Oberseite des Tanks zu
ermöglichen, um dort – im Schutz einer Absturzsicherung – die Domdeckel zu reinigen und die Dichtungen zu
kontrollieren und zu desinfizieren.
In Zusammenarbeit mit einem renommierten Fahrzeugbauer entwickelten und realisierten sie zunächst an einem Milchsammelfahrzeug eine abklappbare Aufstiegsleiter, die an der Rückseite des Tanks montiert ist, und ein Geländer für den Laufsteg auf dem Tank. Bei den Zugfahrzeugen musste darauf geachtet werden, dass die abklappbare Leiter den Anhängerbetrieb nicht beeinträchtigt. Wird die Leiter heruntergeklappt, dann richtet sich zwangsläufig das Geländer des Laufstegs auf der Oberseite des Tanks mit auf, so wie es bei vielen Sattelaufliegern mittlerweile üblich ist. Wenn das Geländer heruntergeklappt ist, sind die Stangen und Drahtseile in der Domdeckelwanne verstaut, damit sie sich nicht z. B. in Bäumen auf den Bauerhöfen verhaken können.
Auch für eine weitere Gefahrstelle fand man eine elegante Lösung: Die Oberseite des Edelstahltanks ist in nassem Zustand rutschig. Anstatt nun aber Gitterroste auf dem Tank zu montieren, was zu hygienisch bedenklichen Hohlräumen geführt hätte, wurden stark rutschhemmende Aufkleber längs der Gehstrecke auf dem Tank aufgebracht (siehe erstes Bild oben).
Nach ersten Probeläufen und positiven Rückmeldungen der Fahrer und der bgn ließen die frischli milchwerke den gesamten Fuhrpark mit diesen selbst entwickelten Sicherheitseinrichtungen umrüsten. Neue Fahrzeuge werden direkt mit dieser Aufstiegstechnik bestellt. Die frischli milchwerke in Rehburg haben hier einen vorbildlichen Weg beschritten, der nachgeahmt werden sollte.