Erschöpft, gestresst, ausgebrannt

Damit es so weit nicht kommt: psychische Gesundheit der Beschäftigten fördern und stärken

Sich gestresst fühlen ist keine Krankheit. Dennoch können Stress und psychische Belastung die Gesundheit gefährden. Über die Hintergründe und was der Betrieb tun kann, um die psychische Gesundheit der Beschäftigten zu fördern und zu stärken.

von Constanze Nordbrock | aus Akzente 12

Erschöpfung, Stress, Burnout – eine breite gesellschaftliche Diskussion über psychische Gesundheit ist im Gange. Ob in Spiegel, Focus oder Talkshows – die Schilderungen von Burnout-Fällen und ihren Rahmenbedingungen sind immer wieder Thema neuer Titelgeschichten. Die Debatten als Modethema abzutun, würde der Problematik jedoch nicht gerecht. Belastbare Zahlen aus den Statistiken der Krankenkassen zeigen, dass die Zahl der Arbeitsunfähigkeits-Tage (AU-Tage) aufgrund psychischer Erkrankungen in den letzten Jahren deutlich ansteigt. Und: Jede dritte Frühverrentung (37 %) ist Folge psychischer Erkrankungen. Problematisch sind zudem die Zahlen zur Erreichbarkeit psychosozialer Betreuung. Je nach Region kann die Wartezeit auf einen Therapieplatz Wochen bis Monate betragen (Spiegel Wissen 1/12).
Die Berufsgenossenschaften befassen sich schon seit längerem mit der Thematik. Erst kürzlich diskutierten beim "Fachgespräch Psyche und Gesundheit in der Arbeitswelt" in Dresden rund 60 Experten der Unfallversicherungsträger über aktuelle Ansätze, wie psychische Gesundheit zu schützen und zu erhalten sei. Besonderes Augenmerk galt den Aspekten Erholungsfähigkeit, Pausengestaltung sowie den systematischen Ansätzen zum Belastungsabbau und zur Ressourcenstärkung.
Ob die Anzahl der absoluten Fälle psychischer Beschwerden wirklich zunimmt, kann nicht eindeutig beantwortet werden. Unstrittig ist jedoch, dass eine zunehmende Enttabuisierung des Themas stattfindet. Die Burnout-Diskussion sei somit auch eine Chance, das Thema psychischer Erkrankungen offener zu behandeln, stellte Professor Dr. Heiner Keupp von der Universität München im Fachgespräch Psyche und Gesundheit in der Arbeitswelt fest.

Leistungsdruck, Entgrenzung der Arbeit ...
Als Gründe für die Zunahme psychischer Beschwerden werden u. a. veränderte Arbeits- und Erwerbsstrukturen genannt. Zu nennen ist hier z. B. die ständige Erreichbarkeit per E-Mail und Mobiltelefon. Sie führt dazu, dass sich die Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben verwischen. Diese Entgrenzung der Arbeit kann zu Überforderungssituationen führen, mit denen die Betroffenen nicht mehr zurechtkommen. Auch zu nennen sind aktuelle Methoden der Leistungsmessung, die kritisch hinterfragt werden sollten. Die Rückspiegelung jedes Tagesergebnisses in der industriellen Produktion erhöht den Druck auf den Einzelnen.
Des Weiteren haben sich die Rahmenbedingungen der Erwerbstätigkeit verändert: Der Schutz und Halt durch soziale Netzwerke für den Einzelnen wird geringer. Die Bedeutung von Vereinen und Kirchen lässt nach. Die häufig geforderte größere Mobilität des Arbeitnehmers erschwert den Aufbau tragfähiger Sozialbeziehungen. Die Angst vor Arbeitslosigkeit ist ein relevanter Belastungsfaktor, während gleichzeitig viele Arbeitsverhältnisse keine Integration in eine stabile Betriebsgemeinschaft mehr bieten können.

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Die Geschichte der Überforderung umschreiben
So stellt sich die Frage: Wann führen psychische Belastungen wirklich zu einer Erkrankung? Man geht heute meist von einem Stufenmodell der Beanspruchung aus. Das heißt: Normalerweise können wir Phasen der Beanspruchung und Erschöpfung durch Regenerationsprozesse wieder ausgleichen. Erst wenn wir ständig Grenzen der Belastbarkeit überschreiten, stellt sich eine beginnende Schädigung ein.
Wie die einzelnen Phasen dieses Prozesses zu benennen sind, wird unterschiedlich beantwortet. Klar ist allerdings: Burnout ist keine klinische Diagnose, die der Arzt nach dem allgemein gültigen Diagnostikschlüssel stellen kann. Was aber ist Burnout dann? Viele Burnout-Patienten leiden unter Depressionen. Durch den meist unmittelbaren Bezug, den Betroffene zwischen ihrem Arbeitsplatz und ihren Beschwerden herstellen, entsteht hier eine Symptom-Beschreibung mit eigenem Charakter.
Noch ein Aspekt des oben erwähnten Stufenmodells ist wichtig: Der langsame Prozess des allmählichen Verschiebens der Ausgeglichenheit zwischen Belastung/Erschöpfung und Regeneration hin zu einem negativen Ungleichgewicht gibt den Handelnden die Möglichkeit, in diesen Prozess eingreifen zu können. Burnout-Patienten schildern einen langen Weg hinein in ihre momentane Situation. Überforderungssituationen haben eine Geschichte, die auch umgeschrieben werden kann.

Was getan werden kann
Die von Bund, Ländern und Unfallversicherungsträgern getragene Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA) legt einen Schwerpunkt auf die Thematik. So beraten Berufsgenossenschaften und staatliche Arbeitsschutzbehörden die Unternehmen, wie psychische und körperliche Gesundheit als wichtige Ressource eines gesunden Unternehmens gefördert und gestärkt werden können. Dies ist auch relevant im Hinblick auf die Folgen des demografischen Wandels und des damit verbundenen Fachkräftemangels.

Was der Betrieb tun kann
Großen Einfluss auf die psychische Gesundheit der Mitarbeiter haben Führungsqualität, Arbeitsorganisation und Arbeitsabläufe. Eine zentrale Rolle wird hier den Führungskräften zugewiesen. Dabei werden verschiedene Führungsstile bzw. Eigenschaften der hierfür geeigneten Führungskraft diskutiert. Unstrittig ist sicherlich, dass die Führungskraft Vorbildfunktion hat, sowohl was den eigenen Arbeitsstil als auch den Umgang mit der eigenen Gesundheit betrifft.
"Gesund führen" heißt somit auch: über den persönlichen Arbeits- und Lebensstil reflektieren. Eine offene Kommunikation über Probleme und ein wertschätzender Umgang mit den unterschiedlichen Stärken und Schwächen der Mitarbeiter tragen dazu bei, im Arbeitsprozess realistische Zielvorgaben zu finden. Kritisch wird aber auch diskutiert, dass die Führungskraft nicht als Ersatztherapeut gesehen werden darf. Sie hat Einflussmöglichkeiten im Bereich der Arbeitsgestaltung.
Bei der Gestaltung der Arbeitsorganisation und -abläufe kann die Führungskraft Spielräume schaffen, damit aus Anforderungen keine Überforderungssituationen entstehen. Hier gibt es eine Reihe von Möglichkeiten und Erfahrungen. Generell kann die Arbeitszeitflexibilisierung Chancen bieten, Arbeit und Privatleben positiv miteinander zu verbinden. In der täglichen Arbeit hilft es auch, einen anderen Umgang mit Fehlern und Misserfolgen zu etablieren.
Zu bedenken ist auch: Nicht alle Mitarbeiter können in einer sich immer schneller wandelnden Arbeitswelt im Gleichschritt Veränderungen umsetzen. Dem Gefühl, immer und überall erreichbar sein zu müssen, haben einige Firmen bereits einen Riegel vorgeschoben. Die E-Mail-Funktion kann nach Feierabend oder am Wochenende abgeschaltet werden. Professor dr. jarek krajewski von der Universität Wuppertal machte im Fachgespräch Psyche und Gesundheit in der Arbeitswelt den Vorschlag: Die Mitarbeiter können Erholungskompetenz aufbauen und der Betrieb kann eine Infrastruktur anbieten, die Regenerationsprozesse zulässt.

Nachhaltige Lösungsansätze
Klar ist, dass betriebliche Gesundheitsarbeit nicht durch einmalige Aktionen oder Seminare abgedeckt werden kann. Systematische Konzepte zum Erhalt und zur Förderung der psychischen und körperlichen Gesundheit sind in den letzten Jahren unter dem Stichwort Gesundheitsmanagement entstanden. Der Bedarf muss erkannt, passende Angebote müssen geschaffen und der Erfolg der Maßnahmen muss immer wieder bewertet werden. Ein Patentrezept für erfolgreiches betriebliches Gesundheitsmanagement gibt es nicht. Es gibt aber erprobte Methoden und aktuelle, hilfreiche Angebote, um ein maßgeschneidertes betriebliches Konzept zu etablieren.
Die BGN bietet hierzu Fortbildungen für unterschiedliche Zielgruppen an (siehe Kasten). Außerdem unterstützt die BGN die Unternehmen mit Personenqualifizierungen und Organisationsberatung, ein betriebliches Gesundheitsmanagement aufzubauen (siehe Kasten).

BGN-BERATUNGSANGEBOT
"Sicherheit, Gesundheit, Qualität."
Unter der Überschrift "Sicherheit, Gesundheit, Qualität." unterstützt die BGN die Unternehmen bei der Gestaltung gesunder und sicherer Arbeit. Dazu entwickeln wir in enger Zusammenarbeit mit dem Unternehmen eine maßgeschneiderte Vorgehensweise und einzelne Aktivitäten.
Wir arbeiten interdisziplinär mit einem ganzheitlichen Ansatz und nehmen das gesamte Arbeitssystem in den Blick. Im Zentrum stehen die Mitarbeiter. Mit ihnen und den Führungskräften arbeiten wir eng zusammen, um herauszufinden, was sich ändern muss und welche Aktivitäten dazu notwendig sind.
Unsere speziell qualifizierten "Demografie-Lotsen" bieten den Unternehmen betriebsspezifische Altersstrukturanalysen und darauf basierende Organisationsberatung an.

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Autor: Nordbrock