Radeln unter Strom

E-Bikes und Pedelecs: Fahrräder mit elektrischem Motor

Rund 1,3 Millionen E-Bikes sind derzeit in Deutschland unterwegs. Zunehmend werden sie auch für den Arbeitsweg und im Wirtschaftsverkehr genutzt. Was gibt es in Sachen Verkehrssicherheit zu beachten?

von Dr. Michael Geiler | Akzente 04/2014

E-Bikes haben in den letzten Jahren enorm an Verbreitung zugenommen. Die Verkaufszahlen stiegen kontinuierlich an. 2009 wurden 150.000 E-Bikes verkauft, 2012 waren es etwa 380.000. Aktuell machen die 1,3 Mio. E-Bikes zwar nur 1,9 Prozent des Gesamtbestandes an 70 Mio. Fahrrädern in Deutschland aus (Verkaufszahl 2016: 605.100 = 15 % des Fahrradabsatzes; 2017: 3 Mio E-Bikes).

Es gibt drei Arten von E-Bikes: Pedelecs (Pedal Electric Cycle), Elektro-Mofas und Elektro-Kleinkrafträder. Am verbreitetsten sind die Pedelecs 25. Sie machen zwischen 95 und 98 Prozent aller verkauften E-Bikes aus. Sie sind nicht zu verwechseln mit den Pedelecs 45 (siehe Kasten).

[ Dr. Michael Geiler ist Dipl.-Psychologe und in der BGN-Prävention im Bereich Verkehrssicherheit tätig. ]

Pedelec 25: verkehrsrechtlich ein Fahrrad
Beim Pedelec 25 unterstützt der Elektromotor den Radfahrer beim Treten, allerdings nur bis zu einer Geschwindigkeit bis 25 km/h. Werden 25 km/h überschritten, schaltet sich der Motor automatisch ab. Der Motor hat eine maximale Nenndauerleistung von 250 Watt. Pedelecs 25 können mit einer Anfahr- oder Schiebehilfe ausgestattet sein. Hier unterstützt der Motor bis 6 km/h, ohne dass die Pedale bewegt werden.

Verkehrsrechtlich ist das Pedelec 25 dem Fahrrad gleichgestellt. Dies ist nur konsequent, denn Pedelec-Fahrer verhalten sich kaum anders als konventionelle Radfahrer. Das haben Befragungen und Verhaltensbeobachtungen (Verfolgungsfahrten) gezeigt. Danach fuhren Pedelec-Fahrer insgesamt im selben Geschwindigkeitsspektrum wie Radfahrer. Kritische Situationen entstanden genauso häufig wie bei Fahrern herkömmlicher Fahrräder und sie liefen auch ähnlich ab. Eine Pedelec-spezifische Gefährdung war nicht erkennbar.

PEDELEC 45
Kein Fahrrad, sondern Kraftfahrzeug

Beim Pedelec 45 (rechts im Bild) wird die Motorunterstützung erst bei einer Geschwindigkeit von 45 km/h abgeschaltet. Die maximal erlaubte Nenndauerleistung der Motoren beträgt 500 Watt. Diese schnelleren Pedelecs werden auch S-Pedelec genannt. S steht für Speed oder schnell.

Das Pedelec 45 ist kein Fahrrad, sondern ein Kraftfahrzeug. Es benötigt eine Betriebserlaubnis als Kraftfahrzeug und ein Versicherungskennzeichen. Pedelecs 45 haben ungleich höheres Unfallrisiko als Pedelecs 25 und müssen aus Sicherheitserwägungen sehr kritisch gesehen werden. Dies liegt unter anderem auch daran, dass die Schnelligkeit dieser Räder von anderen Verkehrsteilnehmern falsch eingeschätzt wird.

Fahrradhelm dringend empfohlen
Pedelec-25-Fahrer brauchen keinen Führerschein, keine Versicherung und kein Kennzeichen. Es besteht auch keine Helmpflicht. Ein Fahrradhelm ist aber dringend zu empfehlen. Der Helm kann zwar keinen Unfall verhindern, aber die Verletzungsschwere bei einer Kollision wird deutlich reduziert.

Zur Schutzwirkung eines Fahrradhelms gibt es unterschiedliche Angaben. Einige Quellen sprechen von einer Reduktion der Kopfverletzungen um 88 Prozent, andere Autoren sind weniger optimistisch. Der norwegische Verkehrssicherheitsexperte Rune Elvik beziffert die Verletzungsreduzierung mit 42 Prozent bei Kopfverletzungen und mit 53 Prozent bei Gehirnverletzungen.

Unternehmen, die Pedelecs 25 als Dienstfahrräder einsetzen, sollten Fahrradhelme und z. B. auch Warnwesten zur Verfügung stellen. Außerdem sollte die Helm- und Warnwestenpflicht beim Pedelec-Fahren in einer Betriebsvereinbarung festgeschrieben werden.

Mit dem Pedelec 25 sicher unterwegs
Für Pedelec-25-Fahrer gelten dieselben Verkehrsregeln wie für Radfahrer. Auch sie müssen benutzungspflichtige Radwege benutzen. Außerdem gelten für sie dieselben Sicherheitshinweise wie für den normalen Radverkehr: sich für andere Verkehrsteilnehmer gut sichtbar machen, vorausschauend und defensiv aber auch selbstbewusst fahren, d.h. zum Beispiel einen ausreichenden Abstand zum Fahrbahnrand (mind. 70 cm) und zu parkenden Fahrzeugen (mind. 1 m) einhalten und sich stets eindeutig verhalten. Von abbiegenden Fahrzeugen, insbesondere Lkws und Bussen, gilt es großen Abstand zu halten. Und in Situationen, in denen keine guten Sichtbeziehungen zwischen Rad- und Autoverkehr bestehen, sollten auch Pedelec-Fahrer immer sehr vorsichtig sein.

Hinzu kommen Besonderheiten des Pedelecs, die seine Fahrer bedenken sollten: Pedelecs sind schwerer als normale Fahrräder und haben dadurch einen längeren Bremsweg. Also muss man früher mit dem Bremsen beginnen. Auch sollte man im Kopf haben, dass andere Verkehrsteilnehmer die Geschwindigkeit eines herannahenden Pedelecs möglicherweise unterschätzen.

Besondere Aufmerksamkeit braucht auf jeden Fall der Akku. Die Hinweise der Hersteller müssen unbedingt beachtet werden. Risse im Gehäuse, Verformungen oder stark verbogene Kontakte bedeuten Gefahr: Sie können Kurzschlüsse verursachen, und der Akku kann sich entzünden. Beim Laden sollte man den Akku nicht über längere Zeit unbeaufsichtigt lassen.

[ Eine DGUV Information „Pedelec 25“ wird noch in diesem Jahr erscheinen (www.dguv.de), ebenso die DVR-Broschüre „Sicher mit dem E-Bike unterwegs“ (www.dvr.de). ]

Im Stadtverkehr zukunftsfähige Alternative zum Pkw
Pedelecs 25 werden künftig verstärkt im Berufsund Wirtschaftsverkehr eingesetzt werden. Schon heute werden sie von Briefzustellern sowie Auslieferungs- und Kurierdiensten in städtischen Gebieten genutzt. Die Bedingungen im Kurier- und Express- Dienst sind für Pedelecs sehr günstig. Zu diesem Ergebnis kommt ein Forschungsprojekt des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, bei dem der Einsatz von Elektro-Lastenfahrrädern in acht deutschen Großstädten untersucht wurde. Pedelecs haben das Potenzial, einen Großteil der Autofahrten zu ersetzen.

Die EU-Kommission schreibt für die Verkehrsentwicklung bis 2050 im „Weißbuch Verkehr“ (2011) u. a. folgende Ziele fest:

Ohne eine Stärkung der (Elektro-)Fahrradmobilität scheint eine derartige Zielsetzung nicht erreichbar.

[ E-Bike ist der Oberbegriff für alle Zweiräder, die mit einem elektrischen Motor ausgestattet sind. Das verbreitetste E-Bike ist das Pedelec 25. ]

Autor: Dr. Michael Geiler