Tödlicher Leitersturz

Unfall bei Reinigungsarbeiten / Keine Gefährdungsbeurteilung mit Risikobewertung durchgeführt

Die hier abgebildete Situation hat mit dem Unfall nichts zu tun. Sie dient lediglich der Veranschaulichung.

Die hier abgebildete Situation hat mit dem Unfall nichts zu tun. Sie dient lediglich der Veranschaulichung.

In einem BGN-Mitgliedsbetrieb stürzte ein Mitarbeiter aus etwa 2 m Höhe von einer Stehleiter ab und erlitt tödliche Kopfverletzungen. Die Gefährdungsbeurteilung vor Beginn der Arbeiten hatte man nicht durchgeführt. Sie hätte die Risiken des Leitereinsatzes aufgezeigt und ein Fahrgerüst verlangt.

von Ernst Jacob | Akzente 06/14

Zwei Mitarbeiter reinigten jeweils von einer Stehleiter aus eine geflieste Wand in der Produktion. Als Stefan G.* nach einiger Zeit von seiner Leiter aus hinüber zu seinem Kollegen Paul S.* schaute, sah er, wie dessen Stehleiter kippte. Paul S. stürzte ab und blieb reglos am Boden liegen. Noch am selben Tag starb er im Krankenhaus infolge schwerer Kopfverletzungen.

[ Dipl-Ing. Ernst Jacob ist Mitarbeiter der BGN-Prävention und betreut als Aufsichtsperson Mitgliedsbetriebe. ]

[ * Namen von Redaktion geändert ]

Keine Leiterarbeiten ohne Gefährdungsbeurteilung
Was die Stehleiter zum Kippen brachte, hatte Stefan G. nicht gesehen. Bei der Unfalluntersuchung wurden auch die Arbeitsbedingungen dieser Reinigungsarbeiten untersucht und im Hinblick auf den Einsatz der Stehleitern bewertet. Es wurde quasi die versäumte Gefährdungsbeurteilung für diese Arbeitsaufgabe nachgeholt. Ihre Ergebnisse lassen auf mögliche Ursachen des Kippens schließen.

Grundsätzlich gilt: Stehleitern dürfen wegen des erhöhten Unfallrisikos nur dann als hoch gelegener Arbeitsplatz benutzt werden, wenn damit eine geringe Gefährdung verbunden ist und die Arbeitsdauer gering ist. Ob eine Stehleiter als Arbeitsplatz benutzt werden darf oder ob man auf andere, sicherere Hilfsmittel zurückgreifen muss, klärt die Gefährdungsbeurteilung. Im konkreten Fall hätte sie die Schwachstellen und Mängel rechtzeitig aufgedeckt.

Zu lange Arbeitsdauer, zu kurze Leiter, beengter Raum
Beispielhafte, konkrete Beurteilungshilfen, ob eine Leiter eingesetzt werden darf, enthält die DGUV Information 208-16. Die Gefährdungsbeurteilung im Nachhinein ergab:

[ 36 % der Stehleiterunfälle ereignen sich allein bei Reinigungsarbeiten – BGN-Untersuchung 2013. ]

[ Beurteilungshilfen für den Leitereinsatz enthält die DGUV Information 208-16 „Handlungsanleitung für den Umgang mit Leitern und Tritten“. Download: www.bgn.de, Shortlink = 887 ]

Gefährdungsbeurteilung ergibt: Fahrgerüst einsetzen
Das Ergebnis der Beurteilung dieser Arbeitsbedingungen lautet ganz klar: Eine Stehleiter ist für diese Reinigungsarbeiten nicht geeignet. Und auch die zur Verfügung gestellten Teleskopschrubber eignen sich nicht zur Reinigung der gesamten Wandfläche.

Ein geeignetes Hilfsmittel für diese Reinigungsarbeiten ist ein fahrbares Kleingerüst. Von ihm aus können alle Wandbereiche, auch die räumlich beengten Abschnitte, problem- und gefahrlos gereinigt werden. Ein solches Fahrgerüst lässt sich schnell montieren. Die Arbeitsplattform bietet einen sicheren Standplatz, das umlaufendes Geländer schützt vor Absturz. Außerdem muss ein Fahrgerüst nicht so oft verschoben werden wie eine Leiter, weil man einen größeren Aktionsradius hat.

Autor: Ernst Jacob