Für Betriebe, die brennbare Schüttgüter fördern, wäre es ein großer Vorteil, wenn ohnehin benötigte Schneckenförderer gleichzeitig als Explosionsschutzmaßnahme fungieren könnten. Eingespart würden dadurch zusätzliche Schutzsysteme für die explosionstechnische Entkopplung inklusive Folgekosten. Ob sich diese Idee mit einem modifizierten Rohrschneckenförderer realisieren lässt, haben BGN und FSA* in einem Forschungsprojekt untersucht.
von Dr. Albrecht Vogl
Schneckenförderer, die brennbare Schüttgüter transportieren, stehen häufig mit explosionsgefährdeten Anlagenbereichen in Verbindung. Diese Anlagenbereiche müssen durch konstruktive Maßnahmen gegen die Auswirkungen von Staubexplosionen geschützt werden. Hierzu zählt die explosionstechnische Entkopplung, die eine Explosionsübertragung in andere, möglicherweise ungeschützte Anlagenbereiche, verhindert. Die BGN/FSA untersuchte, unter welchen Voraussetzungen hierfür ein Schneckenförderer als konstruktive Schutzmaßnahme eingesetzt werden könnte.
[ Dr. Albrecht Vogl ist Leiter des Zentrallabors der BGN und Leiter des BGN/FSA- Forschungsprojektes „Explosionstechnische Entkopplung mit Schneckenförderer“ ]
Ein Pfropfen als Flammensperre
Dazu machten die Wissenschaftler Versuche mit sogenannten
Rohrförderschnecken, die im Innern mit
speziellen Schneckenwellen ausgerüstet sind. Die
Idee war, an diesen Wellen einen definierten Teil
der Schneckenwendel zu entfernen. Dadurch verbleibt
im Innern der Förderschnecke ständig ein
Produktpfropfen, der eine Flammenübertragung
verhindert.
Die Explosionsversuche wurden mit verschiedenen Schüttgütern unterschiedlicher Explosionskenngrößen und Fließeigenschaften durchgeführt (siehe Tabelle). Die Rohrförderschnecke wurde dabei mit verschieden heftigen Staubexplosionen beaufschlagt. Durch die Verwendung unterschiedlich großer Druckentlastungsflächen wurden reduzierte Explosionsüberdrücke im Bereich von 0,15 bar bis 2 bar erzeugt.
Fließfähigkeitsfaktor entscheidend
für Pfropfenbildung
Voruntersuchungen hatten gezeigt, dass nicht alle
Schüttgüter die gewünschten Pfropfen ausbilden
konnten, wenn die Rohrförderschnecke horizontal
eingebaut war und bis zu zwei Schneckengängen
entfernt wurden. Zum Beispiel bei Getreide, Kristallzucker
und Maisstärke war das Schüttgut lediglich
angehäuft. Deshalb wurden den Explosionsversuchen
Untersuchungen zur Pfropfenbildung
vorgeschaltet.
Diese Untersuchungen zeigten, dass die Fließeigenschaften des Schüttguts eine wichtige Rolle spielen. Die Fähigkeit des Schüttguts, einen gewünschten Pfropfen auszubilden, der auch nach Abschaltung der Schüttgutzufuhr verbleibt, korrelierte sehr gut mit dem Fließfähigkeitsfaktor ffc.
Bei horizontaler Lage der Rohrförderschnecke konnten keine Schüttgutpfropfen mit Malzstaub (ffc = 6,4) oder Schüttgütern mit höherem Fließfähigkeitsfaktor erzeugt werden. Eine rasche Ausbildung eines Schüttgutpfropfens entstand hingegen mit Holzmehl (ffc = 4,62) und allen Schüttgütern mit geringerem Fließfähigkeitsfaktor als Holzmehl, z. B. Cellulose, Weizenmehl oder Milchpulver.
Mit Hilfe von Explosionsversuchen im Großmaßstab wurde dann die Eignung des modifizierten Rohrschneckenförderers für die explosionstechnische Entkopplung untersucht. Es war also die Frage zu klären, ob mit Hilfe eines Schüttgutpfropfens innerhalb des Schneckenförderers eine Flammenübertragung vom Schüttguteinlauf bis zum Schüttgutauslauf verhindert werden kann.
Mindestzündenergie spielt eine Rolle Zu Beginn wurden Referenzversuche ohne Schüttgutpfropfen durchgeführt. Die interessante Erkenntnis aus diesen Versuchen: Bei bestimmten Schüttgütern kann eine Flammenübertragung auch ohne Schüttgutpfropfen verhindert werden. So gelang es mit Weizenmehl und Holzstaub nicht, eine Flammenübertragung durch die Rohrförderschnecke zu provozieren. Es handelt sich hierbei um Stäube, deren Mindestzündenergie mze > 50 mJ beträgt (siehe Tabelle).
KENNGRÖSSEN SCHÜTTGÜTER | ||
Schüttgut | mze [mJ]** | ffc*** |
Maisstärke | → 4 / ≤ 5 | 9,78 |
Cellulose | → 5 / ≤ 10 | 2,79 |
Malzstaub | → 5 / ≤ 10 | 6,40 |
Puderzucker | → 5 / ≤ 10 | 2,08 |
Milchzucker | → 30 / ≤ 100 | 3,73 |
Holzmehl | → 50 / ≤ 100 | 4,62 |
Weizenmehl | → 100 / ≤ 500 | 2,80 |
Kristallzucker | →106 | 8,60 |
Getreide | — | 11,00 |
**mze= Mindestzündenergie
***ffc = Fließfähigkeitsfaktor
Bei Schüttgütern mit einer niedrigeren mze war dagegen ohne Schüttgutpfropfen ein Flammendurchschlag zu beobachten: bei Malzstaub (MZE ≤ 10 mJ), Cellulose (MZE ≤ 10 mJ) und Maisstärke (MZE ≤ 5 mJ).
Da mit Malzstaub und Maisstärke keine Schüttgutpfropfen entstanden, die den Querschnitt auch nach Abschaltung der Schüttgutzufuhr vollständig verschlossen, wurden weitere Versuche mit Cellulose (MZE ≤ 10 mJ) gefahren. Hierbei genügte die Entfernung von 1,5 Schneckengängen, um den gewünschten Pfropfen entstehen zu lassen.
[ *FSA steht für die der bgn angegliederte Forschungsgesellschaft für angewandte Systemsicherheit und Arbeitsmedizin e. V. ]
Die Ergebnisse auf einen Blick
Die Untersuchungen zur explosionstechnischen
Entkopplung mit Hilfe eines modifizierten Rohrschneckenförderers
brachten folgende Ergebnisse:
Die Ergebnisse gelten für eine minimale Länge von 1,8 m zwischen Schüttgutein- und -auslauf sowie eine maximale Spaltbreite von 7 mm zwischen Schneckenumfang und Gehäuseinnenwand des Rohrschneckenförderers.