Leitfaden Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der manuellen Handhabung von Lasten nach der Leitmerkmalmethode

(Vereinfachtes Verfahren zur Beurteilung der Arbeitsbedingungen in Anlehnung an die Leitmerkmalmethode der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin - BAuA)

Nach § 5 des Arbeitsschutzgesetzes und § 3 der Unfallverhütungsvorschrift BGV A 1 Grundsätze der Prävention besteht eine grundsätzliche Pflicht des Arbeitgebers zur Beurteilung der Arbeitsbedingungen. Im Arbeitsschutzgesetz wird weiterhin gefordert, dass die Ergebnisse der Beurteilung, abgeleitete Maßnahmen und deren Wirksamkeit zu dokumentieren sind. Für Tätigkeiten mit manueller Lastenhandhabung müssen geeignete Maßnahmen getroffen werden, um eine Gefährdung möglichst gering zu halten. Bei der Beurteilung dieser Tätigkeiten ist weiterhin die Lastenhandhabungsverordnung (LasthandhabV § 2 (2)) mit dem dazugehörigen Anhang zugrunde zu legen.
Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin hat eine Handlungsanleitung (Leitmerkmalmethode) zur Beurteilung der Arbeitsbedingungen beim manuellen Umgang mit Lasten erarbeitet.
Zur Erfüllung der Beurteilungspflicht ist diese Leitmerkmalmethode mit den Teilen "Heben, Halten und Tragen" sowie "Ziehen und Schieben" ein geeignetes Verfahren.

Die Methode ist einsetzbar für die orientierende Beurteilung von Tätigkeiten, die mit Heben, Umsetzen, Absetzen, Halten und Tragen, Ziehen und Schieben von Lasten verbunden sind,

Bei extrem geringen Lasten und sehr hoher Wiederholungsfrequenz ist die Methode nicht geeignet, da hier die Schädigung nicht von der Last ausgeht, sondern durch die monotone Bewegung verursacht wird.

Die Beurteilung erfolgt grundsätzlich für Teiltätigkeiten und ist auf einen Arbeitstag zu beziehen. Wechseln innerhalb einer Teiltätigkeit Lastgewichte und/oder Körperhaltungen, so sind Mittelwerte zu bilden. Treten innerhalb einer Gesamttätigkeit mehrere Teiltätigkeiten mit deutlich unterschiedlichen Lastenhandhabungen auf, sind diese getrennt einzuschätzen und zu dokumentieren.

Zur Beurteilung sind folgende Schritte erforderlich:

Bestimmung der Wichtung der Leitmerkmale
Für die Beurteilung von Tätigkeiten mit Heben Halten und Tragen werden hier die Faktoren Lastgewicht, Körperhaltung und Ausführungsbedingungen ermittelt.
Sind die Tätigkeiten Ziehen und Schieben zu beurteilen, müssen in diesem Schritt die zu bewegende Masse (unter Beachtung des Hilfsmittels), die Positioniergenauigkeit, die Geschwindigkeit, die Körperhaltung und die Ausführungsbedingungen ermittelt werden.

Bestimmung der Zeitwichtung
Hierbei muss entschieden werden, ob es sich bei der Tätigkeit um einen Hebe- oder Umsetzvorgang (<=5 s, Kriterium: Häufigkeit), eine Haltetätigkeit(>5 s, Kriterium: Dauer) oder eine Tragetätigkeit (>5 m, Kriterium: Gesamtweg), ein Ziehen und Schieben über kurze Distanzen mit häufigem Anhalten (Kriterium: Häufigkeit) oder ein Ziehen und Schieben über längere Distanzen (Kriterium: Gesamtweg) handelt.

Bewertung
Zur Bewertung wird zunächst ein Punktwert berechnet, der einem Risikobereich zugeordnet ist. Die geschlechtsbezogenen Unterschiede im Hinblick auf Körpermaße, physische Leistungsvoraussetzungen, biomechanische Belastbarkeit werden berücksichtigt. Führen Frauen die Tätigkeit Heben Halten und Tragen aus, wird die Last stärker gewichtet, beim Ziehen und Schieben erfolgt in diesem Fall die Erhöhung des Punktwertes durch Multiplikation mit dem Faktor 1,3.
Die Bewertung darf nicht schematisch vorgenommen werden, da die Übergänge zwischen den einzelnen Risikobereichen gleitend sind.
Der Punktwert ermöglicht eine Aussage zur Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Muskel-Skelett-Schädigungen. Art und Höhe der Schädigung werden dabei nicht näher definiert.

Während bei Punktwerten unter 10 davon ausgegangen wird, dass die Arbeit für alle sicher ist (Ausnahme Schwangere), nimmt mit steigenden Punktwerten der Anteil der Beschäftigten zu, bei denen Schädigungen auftreten können. Oberhalb von 50 Punkten besteht eine so hohe Belastung, dass eine körperliche Überbeanspruchung der Beschäftigten wahrscheinlich ist. Gestaltungsmaßnahmen sind hier in jedem Fall erforderlich.

Mit der Leitmerkmalmethode ist eine Gefährdungsabschätzung fast immer möglich. Grobe Schätzungen oder Vermutungen führen jedoch zu falschen Ergebnissen.

Eine zusammenfassende Bewertung von mehreren Teiltätigkeiten ist mit der Leitmerkmalmethode nicht möglich, da dies über die Aussagefähigkeit dieser orientierenden Analyse hinausgeht. Sie erfordert weitergehende arbeitsanalytische Verfahren zur Gefährdungsbeurteilung, ggf. unter Hinzuziehung von Sicherheitsfachkraft, Betriebsarzt, Berufsgenossenschaft oder staatliche Arbeitsschutzbehörde.

Bei Beratungsbedarf im Rahmen von Gestaltungsmaßnahmen hilft Ihnen Ihre Berufsgenossenschaft, Bereich Prävention, gerne weiter.

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