(1) Auswahl und Festlegung der Maßnahmen: Bestimmte Maßnahmen sind bei Tätigkeiten mit Isocyanaten auch bei geringen Gefährdungen durchzuführen. Dazu gehören:
(2) Werden geringe Gefährdungen für den Aufnahmeweg Atemwege nach Nummer 3.2.1 ermittelt, können Restgefährdungen durch benachbarte Arbeitsplätze mit höherer Exposition oder in Folge von Betriebsstörungen verbleiben. Maßnahmen sind dann für diese benachbarten Arbeitsplätze bzw. Maschinen und Anlagen mit höheren Gefährdungen zu treffen. Bei geringen Gefährdungen für den Aufnahmeweg Haut nach Nummer 3.2.2 kann es bei empfindlichen Personen, insbesondere in Kombination mit mechanischen Belastungen zu Hautbeschwerden kommen. In diesem Fall ist eine arbeitsmedizinische Betreuung nach Nummer 8 Abs. 1 auszulösen, um individuell abgestimmte Maßnahmen festzulegen9.
(3) Bei mittleren oder hohen Gefährdungen sind folgende weitere Maßnahmen erforderlich:
(4) Für Systeme, bei denen es applikationsbedingt zur Bildung von Aerosolen kommt, sind weitere Hinweise in der BG-Regel 231 "Schutzmaßnahmenkonzept für Spritzlackierarbeiten - Lackaerosole" aufgeführt. Für das Laden, den Transport und die Lagerung von Isocyanaten im Industriebereich liegt ein Maßnahmenkatalog vor10. Für Betriebsbereiche im Geltungsbereich der Störfallverordnung sind zusätzlich die Maßnahmen erforderlich, die sich aus den Pflichten nach dieser Verordnung ergeben.
(5) Ersatzstoffe: Der Arbeitgeber muss ermitteln, ob an Stelle von Isocyanaten Stoffe oder Verfahren mit einem geringeren Risiko anwendbar sind11. Ist der Einsatz von Isocyanaten auf Grund technischer Anforderungen notwendig, so ist auch zu prüfen, ob emissionsarme Produkte zur Verfügung stehen (siehe Nummer 3.2.1 Abs. 2).
(6) Allgemeine Maßnahmen: Grundmaßnahmen nach der TRGS 500 "Schutzmaßnahmen" sind bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen immer anzuwenden. Insbesondere dürfen Isocyanate und ihre Zubereitungen nicht in Gefäße abgefüllt werden, die mit Gefäßen für Lebensmittel verwechselt werden können. Gefäße und Behälter, in die Isocyanate abgefüllt werden, sind immer zu kennzeichnen.
(7) Brand- und Explosionsgefahren: Falls es bei Tätigkeiten mit Isocyanaten zu Brand- oder Explosionsgefahren kommen kann wie beim Einsatz leicht entzündlicher Hilfsstoffe, sind außer den im Folgenden aufgeführten Schutzmaßnahmen ergänzende Schutzmaßnahmen nach § 12 und Anhang III Nr. 1 Gefahrstoffverordnung und der Betriebssicherheitsverordnung festzulegen. Kann es durch die Reaktionswärme, Betriebsstörungen oder Variation der Rezeptur zu Bränden kommen, sind Sensoren zur Erkennung von Überhitzungen12 vorzusehen.
Folgende technische Schutzmaßnahmen werden für Tätigkeiten mit Isocyanaten festgelegt:
(1) Zu den in Nummer 4.1 beschriebenen Maßnahmen sind bei hoher Gefährdung zusätzlich folgende technische Maßnahmen erforderlich. Sie müssen vor Aufnahme der Tätigkeit mit Isocyanaten und der erstmaligen Messung nach Nummer 5 Abs. 2 vorhanden sein.
(2) Anlagen, Maschinen und Tankanlagen für Isocyanate mit hoher Gefährdung für die Atemwege müssen so ausgelegt sein, dass auch bei Ausfall eines Bauteils oder Aggregats eine unkontrollierte Freisetzung von Isocyanaten an Arbeitsplätzen verhindert wird. Zudem ist durch weitere Maßnahmen wie z.B. die Begrenzung der Lager- und Verarbeitungsmengen die Exposition bei einer unvermeidbaren Freisetzung so zu begrenzen, dass keine weiteren Personen gefährdet werden. Für die Lagerung in ortsbeweglichen Behältern sind die Bestimmungen der TRGS 514 "Lagern sehr giftiger und giftiger Stoffe in Verpackungen und ortsbeweglichen Behältern" zu beachten.
(3) Tätigkeiten mit hoher Hautgefährdung müssen nach Möglichkeit technisch so gestaltet werden, dass ein Hautkontakt mit Isocyanaten wirksam vermieden wird.
(1) Der Arbeitgeber darf Tätigkeiten mit Isocyanaten nur von Beschäftigten durchführen lassen, die dafür geeignet sind, über die dabei auftretenden Gefahren unterwiesen und mit den Schutzmaßnahmen sowie dem Verhalten im Notfall vertraut sind15.
(2) Jugendliche unter 18 Jahren dürfen nur zu Ausbildungszwecken Tätigkeiten mit Gefahrstoffen durchführen, wenn die Aufsicht durch einen Fachkundigen gewährleistet ist und der Arbeitsplatzgrenzwert unterschritten ist. Mit giftigen oder sehr giftigen Isocyanaten dürfen sie alleine keine Tätigkeiten durchführen16.
(3) Werdende und stillende Mütter dürfen Tätigkeiten mit Isocyanaten nicht durchführen, wenn die Gefahr der Entwicklung einer Allergie durch Einwirkung dieser Stoffe nicht ausgeschlossen werden kann. Arbeitnehmerinnen in diesen Arbeitsbereichen sind über diese Bestimmung zu informieren17.
(4) Für das Verhalten im Notfall hat der Arbeitgeber Maßnahmen festzulegen und in die Betriebsanweisung aufzunehmen.
(5) Bei Wartungs- und Reparaturarbeiten sowie bei Störungsbeseitigungen darf der Arbeitgeber nur Personen einsetzen, die über mögliche Gefährdungen (z.B. nicht entleerte Rohrleitungen, Leckagen) und Schutzmaßnahmen geschult sind und diese Kenntnisse selbständig anwenden können.
(6) Reinigungslösungen, nicht ausgehärtete Produktionsabfälle und Isocyanat-Reste dürfen in den Arbeitsbereichen nicht offen gelagert oder ausgehärtet werden. Der Arbeitgeber hat für diese Zwecke Behälter in ausreichender Menge bereitzustellen und stellt sicher, dass sie abgedeckt oder abgesaugt werden. Eine mögliche Druckentwicklung durch Selbsterwärmung oder chemische Reaktionen ist zu berücksichtigen. Isocyanatreste können u.a. durch Behandlung zu Polyharnstoff umgesetzt werden, von dem nur noch geringe Gefährdungen ausgehen.
(7) Bei hoher Gefährdung hat der Arbeitgeber die Notfall- und Entsorgungsmaßnahmen auf den Fall der Freisetzung von Isocyanaten in größeren Mengen auszudehnen. Falls Ersthelfer oder technisches Personal (Entsorgung) im Notfall selbst gefährdet sein können, ist für sie geeignete persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung zu stellen und sie sind in der praktischen Handhabung zu unterweisen. Bei hoher Gefährdung ist außerdem alle zwei Jahre eine Sicherheitsübung durchzuführen, auszuwerten und formlos zu dokumentieren.
(1) Ist eine Gefährdung der Arbeitnehmer trotz Ausschöpfung technischer und organisatorischer Maßnahmen möglich, so hat der Arbeitgeber geeignete, persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung zu stellen.
(2) Atemschutz: Zum Schutz vor Isocyanaten sollen bevorzugt gebläseunterstützte Atemschutzfiltergeräte eingesetzt werden. Diese Geräte erfordern keine Überwindung des Atemwiderstands, so dass sie einen größeren Tragekomfort bieten als normale Filtermasken. Als zweite Wahl können Voll- oder Halbmasken mit Filter eingesetzt werden. Bei beiden Systemen lassen sich Filter gegen organische Dämpfe und Gase oder Kombinationsfilter einsetzen, die bei Aerosolen oder Stäuben zusätzlich gegen Partikel wirksam sind. Bei der Auswahl der Filter ist die mögliche Exposition gegen weitere Stoffe und ihre Konzentration zu berücksichtigen. Treibmittel wie Pentan erfordern einen AX-Filter für Leichtsieder. Filter müssen spätestens nach Ablauf der vorgesehenen Tragezeit ersetzt werden. Bei hohen Gefährdungen kann es notwendig sein, umluftunabhängige Atemschutzgeräte (Pressluftflaschen oder Druckluft-Schlauchgeräte18) einzusetzen, da diese ein besonders hohes Schutzniveau bieten. Zur eigentlichen Zuführung der Luft an der Person sollten Vollmasken oder bei Überdrucksystemen Hauben mit Visier eingesetzt werden, die das Einatmen von Nebenluft wirksam verhindern. Belastender Atemschutz darf keine Dauermaßnahme sein19.
(3) Augen- und Gesichtsschutz: Chemikalienschutzbrillen bieten einen einfachen, Helme mit Gesichtsschild einen erweiterten Schutz vor gelegentlichen Spritzern. Bei höherem Risiko wie bei Wartungsarbeiten an Druckgefäßen und Spritzapplikationen bieten Frischlufthauben oder Vollmasken den besten Schutz.
(4) Körperschutz: Ist mit Spritzern, auslaufenden Flüssigkeiten oder Sprühnebel zu rechnen, hat der Arbeitgeber geeigneten Körperschutz zur Verfügung zu stellen. Chemikalienschürzen bieten einen einfachen Schutz, leichte Schutzanzüge (Overalls) einen erweiterten Schutz. Kontaminierte Arbeitskleidung ist zu wechseln, bei Durchdringung der Kleidung sofort.
(5) Hand- und Hautschutz: Sind im Sicherheitsdatenblatt keine konkreten Fabrikate für die notwendigen Schutzhandschuhe genannt, so müssen diese gemäß TRGS 401 "Gefährdung durch Hautkontakt" selbst ermittelt werden20, wobei in der Regel gilt:
Bei Arbeitsende und vor Pausen Hände gründlich reinigen. Eine ausreichende Hautpflege der Mitarbeiter ist sicher zu stellen. Bei vorgeschädigter oder krankhaft veränderter Haut sollte ein Arzt aufgesucht werden.
(1) Ausgehend vom Ergebnis der Ermittlung gemäß Nummer 3 führt der Arbeitgeber in angemessenen Abständen, mindestens jedoch einmal im Jahr eine Beurteilung der Arbeitsplätze sowie der persönlichen Schutzausrüstung durch und prüft die isocyanatführenden Behälter, Schläuche, Verrohrungen und Aggregate auf Beschädigungen und Leckagen. Er dokumentiert die dabei festgestellten Mängel und veranlasst ihre Beseitigung.
(2) Der Arbeitgeber legt für die technischen Schutzmaßnahmen einen Prüf- und Wartungsplan fest und dokumentiert ihn21. Absaugungen und ihre Erfassungselemente, das Not-Aus-System sowie Einrichtungen zur Erkennung oder Abwehr von Brand- und Explosionsgefahren oder gefährlichen Betriebsstörungen müssen bei der Einrichtung der Arbeitsplätze und dann in angemessenen Abständen, in der Regel einmal jährlich auf ihre Funktion geprüft werden. Das Ergebnis dieser Prüfung ist schriftlich zu dokumentieren.
(3) Um die Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen zu überprüfen, führt der Arbeitgeber bei mittleren und hohen Gefährdungen für den Aufnahmeweg Atemwege die in Nummer 5 und Anlage 2 beschriebenen Messungen nach der TRGS 402 durch.
(4) Die Persönliche Schutzausrüstung ist vom Arbeitnehmer vor jeder Benutzung auf Mängel zu prüfen und bei Beschädigung vom Arbeitgeber zu ersetzen. Der Arbeitgeber legt unter Berücksichtigung der Herstellerangaben und der Beanspruchung fest, nach welcher Einsatzzeit bzw. Tragedauer die persönliche Schutzausrüstung (Chemikalienschutzhandschuhe, Atemschutzfilter) ersetzt werden muss und welche Wartungen und Funktionsprüfungen durchzuführen sind und dokumentiert diese.