In der Raumakustik werden die wichtigsten Anforderungen in zwei Regelwerken formuliert: in der Arbeitsstättenregel ASR A3.7 „Lärm“ BAuA – Regelwerk – ASR A3.7 Lärm – Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin sowie in der DIN 18041 „Hörsamkeit in Räumen – Anforderungen, Empfehlungen und Hinweise für die Planung“.
Die DIN 18041 betrachtet Gaststätten und Kantinen detaillierter. Hier werden die Anforderungen explizit für diese Räume angegeben und im Vergleich zur Arbeitsstättenregel frequenzbezogen betrachtet. Dadurch ist es möglich, besonders jene Frequenzen zu beachten, die für eine gute Sprachverständlichkeit wichtig sind.
Dieser Leitfaden orientiert sich deshalb im Folgenden an der DIN 18041.
Bewertung eines Raumes mit Hilfe des A/V-Verhältnisses
Die genaue Analyse der Akustik in einem Raum ist komplex. Dennoch ist es auch ohne große Vorkenntnisse möglich, eine vereinfachte objektive Abschätzung vorzunehmen und zu prüfen, ob eine gute Raumakustik vorhanden ist.
Im Folgenden werden die wichtigsten Begriffe vorgestellt.
A/V-Verhältnis
Zur Einschätzung der Raumakustik eines Raumes ist das Verhältnis von Absorptionsfläche A im Raum zum Raumvolumen V eine relevante Kenngröße, das sogenannte A/V-Verhältnis. Um dies zu berechnen, bestimmt man zunächst die Absorptionsfläche A.
Absorptionsfläche A
Alle Flächen im Raum absorbieren Schall, manche stärker, andere schwächer. Die Absorptionsfläche A ist eine Kenngröße dafür, wie viel Schall ein Objekt oder der Raum selbst absorbiert. Sie wird in der Einheit m² angegeben.
Der Absorptionsgrad α
Der Absorptionsgrad α eines Materials ist ein Maß dafür, wie stark dieses Material den Schall absorbiert. Er liegt zwischen 0 und 1. Ein hoher Absorptionsgrad nahe 1 entspricht einer starken Schallabsorption (z. B. dicke Mineralwolle oder Schaumstoff), ein niedriger Absorptionsgrad entspricht einer schwachen Schallabsorption bzw. einer starken Schallreflexion (z. B. Betonwände oder andere glatte, harte Oberflächen).
Die Absorptionsgrade für Absorber sind bei den jeweiligen Herstellern zu finden.
Zur Bestimmung der Absorptionsfläche eines Raumes muss man alle einzelnen Flächen im Raum kennen und wissen, wie gut diese Flächen den Schall absorbieren. Jede Oberfläche hat einen Absorptionsgrad, der angibt, wie gut der Schall aufgenommen wird.
Der Absorptionsgrad liegt immer zwischen 0 (keine Absorption) und 1 (vollständige Absorption). Die Flächen im Raum multipliziert man mit ihrem jeweiligen Absorptionsgrad. Anschließend bildet man aus diesen Ergebnissen die Summe für den gesamten Raum. Diese Summe entspricht der gesamten Absorptionsfläche des Raumes.
Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Ermittlung der Absorptionsfläche A:
1. Bestimmen der Flächen im Raum
Ausmessen aller Flächen (Wände, Boden, Decke, Fenster, etc.)
Beispiel: Größe Fensterfläche 10 m²
2. Ermitteln der Absorptionsgrade
Nachschauen welche Absorptionsgrade die Materialien haben
(siehe oben Der Absorptionsgrad α)
Beispiel: Absorptionsgrad Fenster α = 0,1
3. Berechnen der Absorptionsfläche
Multiplizieren der ausgemessenen Fläche mit dem dazugehörigen Absorptionsgrad
Beispiel: 10 m² · 0,1 = 1 m²
4. Addieren aller Absorptionsflächen
Addieren der einzelnen Absorptionsflächen. Dies ergibt die Absorptionsfläche des Raumes.
Wenn man nun die gesamte Absorptionsfläche durch das Raumvolumen teilt, erhält man das A/V-Verhältnis. Die Einheit, in der das A/V-Verhältnis angegeben wird, ist 1/m. Dies ergibt sich daraus, dass bei der Berechnung eine Fläche (m²) durch ein Volumen (m³) geteilt wird. Aus dem A/V-Verhältnis m²/m³ wird einmal m² herausgekürzt; übrig bleibt die Einheit 1/m.
Mit dem A/V-Verhältnis kann man abschätzen, wie gut die Raumakustik in einem bestimmten Raum ist. Je größer der A/V-Wert ist, desto besser ist die Dämpfung von Hintergrundgeräuschen.
Akustikrechner
Zur Durchführung der Berechnung kann auch ein Akustikrechner im Internet genutzt werden. Viele Hersteller von Akustikmaterialien bieten solche Akustikrechner zur DIN 18041 an.
Beispiel für einen Hersteller von Akustikmaterialien
Bei der Nutzung eines solchen Akustikrechners für Gaststätten und Kantinen muss die richtige Kategorie ausgewählt werden, entweder „Restaurants“ oder „Gruppe B“. Zu der Gruppe B gehören Räume, in denen mehrere Menschen gleichzeitig sprechen. Gaststätten und Kantinen fallen in der DIN 18041 in die Untergruppe B3.
In der DIN 18041 sind Richtwerte für das A/V-Verhältnis angegeben. Dabei hängt der zu erreichende Wert des A/V-Verhältnisses von der Deckenhöhe ab. In einer Kantine mit einer Deckenhöhe von 3 m wird beispielsweise eine gute Raumakustik erreicht, wenn das A/V-Verhältnis mindestens 0,19 1/m beträgt. Die Tabelle zeigt die A/V-Verhältnisse, die für verschiedene Deckenhöhen jeweils mindestens erreicht werden sollten, um eine gute Raumakustik zu gewährleisten.
Deckenhöhe im m | 2,5 | 3 | 3,5 | 4 | 4,5 | 5 |
---|---|---|---|---|---|---|
mindestens zu erreichendes A/V-Verhältnis in 1/m | 0,2 | 0,19 | 0,18 | 0,17 | 0,16 | 0,16 |
Gaststätten und Kantinen ohne spezielle raumakustische Ausstattung sind oft hallig und laut. Hier ist das A/V-Verhältnis viel zu niedrig. Es sind also nicht genügend absorbierende Flächen vorhanden. Meist liegt das A/V-Verhältnis in solchen Räumen unter 0,10 1/m – und damit weit unterhalb des empfohlenen Wertes, der in der Tabelle angegeben ist.
Die DIN 18041 berechnet das A/V-Verhältnis in den einzelnen Tonhöhen. Für die Bewertung von Gaststätten und Kantinen kann meist eine vereinfachte Verfahrensweise angewendet werden, bei der die Frequenzabhängigkeit des A/V-Verhältnisses vernachlässigt wird. Hierfür werden die Absorptionsgrade gemittelt. Dies wird im Folgenden anhand von Beispielen erklärt.
Fallbeispiele
In einer Gaststätte gibt es von Gästeseite Beschwerden über die Lautstärke. Der Betreiber möchte die Gaststätte daher akustisch sanieren. Der Gastraum hat eine Grundfläche von 100 m2 und eine Deckenhöhe von 3 m. Nähere Angaben zur Raumausstattung, zum Material der Elemente, zu deren Größe und deren mittlerem Absorptionsgrad finden Sie in den folgenden Tabellen.
Multipliziert man die Fläche S der einzelnen Elemente (Spalte 3) mit dem mittleren Absorptionsgrad α (Spalte 4), so erhält man für jede Fläche des Raumes jeweils deren Absorptionsfläche A (Spalte 5).
Neben flächigen Objekten, wie zum Beispiel Wänden, gibt es außerdem gemäß DIN 18041 Einzelobjekte, das sind zum Beispiel Stühle oder Schränke. Für Einzelobjekte wird die Absorptionsfläche Aobj pro Einzelobjekt angegeben und mit deren Anzahl multipliziert. Diese findet man in der zweiten Tabelle.
Um die Absorptionsfläche des gesamten Raumes zu ermitteln, addiert man alle Absorptionsflächen aus den beiden Tabellen. Teilt man diese Summe durch das Volumen des Raumes, erhält man das A/V-Verhältnis für die Gaststätte.
Ausstattung | Material | Fläche S | Mittlerer Absorptionsgrad α | Absorptionsfläche A = α · S |
---|---|---|---|---|
Boden | Parkettfußboden, aufgeklebt | 100 m² | 0,05 | 5 m² |
Fensterfront | Isolierverglasung, lange Seite | 30 m² | 0,10 | 3 m² |
Wände | Glattputz | 88 m² | 0,03 | 2,6 m² |
Tür | Holz | 2 m² | 0,06 | 0,1 m² |
Decke | Putz | 100 m² | 0,03 | 3 m² |
Theke* | Furnierte Holz- oder Spanplatte | 14 m² | 0,05 | 0,7 m² |
4er-Tische | Holz | 20,5 m² | 0,06 | 1,2 m² |
* Die Länge der Theke beträgt 4 m. Für die Berechnung der Fläche S müssen alle Seitenteile und die Oberfläche der Theke wie bei einem Quader addiert werden.
Ausstattung | Material | Anzahl n | Absorptionsfläche Einzelobjekt Aobj | Absorptionsfläche A = n · Aobj |
---|---|---|---|---|
Stühle | Kunstleder | 64 | 0,12 m² | 7,7 m² |
Absorbtionsfläche Agesamt = 23,3 m²
A/V-Verhältnis: Agesamt / V = 23,3 m² / 300 m3 = 0,08 1/m
Mit Hilfe der Absorptionsgrade wird, wie oben beschrieben, das A/V-Verhältnis berechnet. Es ergibt sich für diese Gaststätte ein A/V-Verhältnis von 0,08 1/m. Dieser Wert liegt deutlich unter dem Mindestwert von 0,19 1/m. Die Beschwerden sind nachvollziehbar und es sollte gehandelt werden. Geeignete Maßnahmen, um eine Wohlfühlatmosphäre für die Gäste und eine angenehme Arbeitsumgebung für das Personal zu schaffen, sind bei den Fallbeispielen für Gaststätten aufgeführt.
In einer Kantine gibt es von Gästeseite Beschwerden über die Lautstärke. Außerdem klagen die Beschäftigten über Kopfschmerzen. Der Betreiber möchte daher die Kantine akustisch sanieren. Der Raum hat eine Grundfläche von 200 m² und eine Deckenhöhe von 3 m.
Nähere Angaben zur Raumausstattung, zum Material der Elemente, zu deren Größe und deren mittlerem Absorptionsgrad finden Sie in den folgenden Tabellen.
Multipliziert man die Fläche S der einzelnen Elemente (Spalte 3) mit dem mittleren Absorptionsgrad α (Spalte 4), so erhält man für jede Fläche des Raums jeweils deren Absorptionsfläche A (Spalte 5).
Neben flächigen Objekten, wie zum Beispiel Wänden, gibt es außerdem gemäß DIN 18041 Einzelobjekte, das sind zum Beispiel Stühle oder Schränke. Für Einzelobjekte wird die Absorptionsfläche Aobjpro Einzelobjekt angegeben und mit deren Anzahl multipliziert. Diese findet man in der zweiten Tabelle.
Um die Absorptionsfläche des gesamten Raumes zu ermitteln, addiert man alle Absorptionsflächen aus den beiden Tabellen. Teilt man diese Summe durch das Volumen des Raumes, erhält man das A/V-Verhältnis für die Kantine.
Ausstattung | Material | Fläche S | Mittlerer Absorptionsgrad α | Absorptionsfläche A = α · S |
---|---|---|---|---|
Boden | PVC-Fußboden auf Beton | 200 m² | 0,03 | 5,5 m² |
Fensterfront | Isolierverglasung, lange Seite | 60 m² | 0,10 | 6 m² |
Wände | Glattputz | 118 m² | 0,03 | 3,5 m2 |
Tür | Holz | 2 m² | 0,06 | 0,1 m² |
Decke | Putz | 200 m² | 0,03 | 6 m² |
Essensausgabe* | Marmor | 27,8 m² | 0,02 | 0,6 m² |
4er-Tische | Holz | 41 m² | 0,06 | 2,5 m² |
* Die Länge der Essensausgabe beträgt 8 m. Für die Berechnung der Fläche S müssen alle Seitenteile und die Oberfläche der Theke wie bei einem Quader addiert werden.
Ausstattung | Material | Anzahl n | Absorptionsfläche Einzelobjekt Aobj | Absorptionsfläche A = n * Aobj |
---|---|---|---|---|
Stühle | Kunstleder | 128 | 0,12 m² | 15,4 m² |
Absorbitonsfläche Agesamt = 39,6 m²
A/V-Verhältnis: Agesamt / V = 39,6 m² / 600 m³ = 0,07 1/m
Es ergibt sich für diese Kantine ein A/V-Verhältnis von 0,07 1/m. Dieser Wert liegt deutlich unter dem Mindestwert von 0,19 1/m. Die Beschwerden sind nachvollziehbar und es sollte gehandelt werden. Geeignete Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsumgebung für das Personal und um eine Umgebung zur Erholung in den Pausen zu schaffen, sind bei den Fallbeispielen für Kantinen aufgeführt.